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Angewandte Sozialwissenschaften

„Wertvolle Erkenntnisse“ für globale Fragen: Austausch mit Südafrika

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Die Gastgebenden der FH Dortmund mit den Gästen aus Afrika (v.l.): Prof. Dr. Michael Boecker, Sunungurayi Charamba, Tapiwanashe Gladys Simango, Dorothée Boecker, Nomusa Munoangira, Bongane Morris Mzinyane und Antonia Alfs.

Mit einem Doktorand*innen-Austausch im April an der University of KwaZulu-Natal in Durban, Südafrika, macht das Programm „Globale Transformation und Praxis der Sozialen Arbeit“ den nächsten wichtigen Schritt nach dem ersten Kongress (Öffnet in einem neuen Tab)  im Sommer 2023 in Johannesburg. Doch auch in der Zwischenzeit wuchs und gedieh die Zusammenarbeit. Ein Überblick.

Wie wirkt sich die globale Transformation auf die Soziale Arbeit aus und wie müssen die Akteur*innen dieser Profession damit umgehen? Um diese Fragen zu beantworten, hat sich das Programm (Öffnet in einem neuen Tab)  die Bildung von „SDG-Partnerschaften“ zum Ziel gesetzt: Das sind Kooperationen zwischen Hochschulen des globalen Nordens und des globalen Südens auf der Basis der von der UN ausgerufenen „17 Ziele für nachhaltige Entwicklung“ (Sustainable Development Goals, kurz SDG).

Für die FH Dortmund leitet Prof. Dr. Michael Boecker die Kooperation mit drei weiteren Hochschulen: mit der University of KwaZulu-Natal (UKZN), mit der University of Johannesburg (UJ), ebenfalls in Südafrika, und der Midland State University (MSU) in Harare in Zimbabwe. Koordinatorin des Projekts ist die Diplom-Sozialarbeiterin Dorothée Boecker.

Neben dem jährlichen Kongress organisieren die Hochschulen digitale Workshops sowie einen regelmäßigen Austausch von Doktorand*innen, den die Hochschulen im Wechsel beherbergen.

Besuch an der FH Dortmund

Erst Ende 2023 besuchten vier Doktorand*innen aus Südafrika und Zimbabwe die FH Dortmund. In einem mehrwöchigen Aufenthalt nahmen sie an zahlreichen Workshops, Symposien und weiteren Veranstaltungen teil, besuchten Ausstellungen und einige Nachbarstädte wie Köln und Bonn.

In der Nordstadtgalerie Dortmund stellten die Forscherinnen und Forscher ihre Promotionsthemen vor und präsentierten dabei ein vielfältiges Spektrum an wissenschaftlichen Fragestellungen. 

  • Sunungurayi Charamba von der Midlands State University in Simbabwe untersuchte die Auswirkungen des Klimawandels auf Landfrauen im Chivi-Distrikt in der Masvingo-Provinz in Simbabwe. In ihrer Arbeit zeigt sie die Herausforderungen auf und schlägt Anpassungsstrategien vor.
  • Ergänzend dazu analysierte Tapiwanashe Gladys Simango von derselben Hochschule die kulturellen Perspektiven von Trauer und Verlust bei den Volksgruppen der Ndau und der Ndebele in Simbabwe. 
  • Nomusa Munoangira von der Universität Johannesburg betrachtete die Rolle von Sozialschutzprogrammen bei der Förderung der sozialen Entwicklung während der Covid-19-Pandemie und konzentrierte sich dabei auf den Buhera-Distrikt in Simbabwe.
  • Bongane Morris Mzinyane von der Universität von KwaZulu-Natal in Durban gab Einblicke in die Praxis der Diversion von Erwachsenen durch Bewährungshelfer und Staatsanwälte in einem ländlichen Bezirk von KwaZulu-Natal und trug so zu einem besseren Verständnis der Dynamik des Justizsystems bei. Diversion ist eine juristische Alternative zum Gerichtsprozess, deren Verurteilung das zukünftige Leben der Delinquent*innen weniger negativ beeinflusst als eine Gefängnisstrafe.

Die Veranstaltung in der Nordstadtgalerie Dortmund bot eine Plattform für den intellektuellen Austausch und unterstrich die Bedeutung dieser Promotionsprojekte für die Gestaltung des zukünftigen Diskurses und der akademischen Landschaft.

„Diese Studien versprechen, wertvolle Erkenntnisse zu ihren jeweiligen Bereichen beizutragen und die Zusammenarbeit und den Wissensfortschritt zu fördern“, würdigt Michael Boecker. Der Austausch „schärfte einmal mehr den Blick für globale Fragen und Herausforderungen sowie für die Chancen und Risiken der Entwicklungszusammenarbeit als mögliche Reproduktion postkolonialer Ungleichheiten“, unterstreicht Dorothée Boecker.

Die vier Doktorand*innen aus Südafrika und Simbabwe (l.) mit zwei weiteren Gästen und Moderatorin Dr. Sina Nitzsche (r.) bei „8 gegen 88“.

Mit ihrer südafrikanischen Perspektive bereicherten die Gäste den Aktionstag „8 gegen 88“ (Öffnet in einem neuen Tab) , mit dem der Fachbereich einmal im Jahr Rechtsextremismus, Rassismus, Populismus und Gefährdungen der Demokratie beleuchtet. Diesmal ging es um das „Spannungsfeld Soziale Arbeit und Polizei“.

Die Afrikaner*innen berichteten von ihrem Ansatz, sich nicht auf das eventuelle Fehlverhalten einzelner Polizist*innen zu fokussieren, sondern die strukturellen Bedingungen in Ausbildung und gelebter Praxis der Polizeiarbeit zu adressieren.

Wie haben sie ihren Deutschland-Besuch erlebt?

In einem offenen Gespräch schilderten die Gäste anschließend ihre Gedanken zum Austausch und zu ihren Erfahrungen in Dortmund. Bongane Morris Mzinyane zeigte sich erstaunt darüber, dass fast alles – Fahrpläne, Anzeigetafeln, Hinweise aller Art – ausschließlich auf Deutsch verfasst sei. „Google Lens war da eine große Hilfe. Und ich habe gemerkt: Polizisten sind in der Hinsicht gute Ansprechpartner, viele sprechen Englisch und konnten mir helfen.“

Doch abgesehen von der Sprachbarriere sei es interessant zu sehen, sagte Sununguray Charamba, „dass Deutschland seine Sprache behalten hat. Das ist eine gute Sache. Sprache ist Identität.“ Denn was für Deutsche eine Selbstverständlichkeit ist, sei in Afrika für viele Volksgruppen, deren Sprachen unterdrückt würden, nur mehr ein Wunschtraum. Nicht nur das: „In Südafrika wird deine Intelligenz daran bemessen, wie gut du Englisch sprichst“, warf Nomusa Munoangira ein. „Für viele stellt das eine perfide Barriere dar.“

Er denke viel über den Titel „Doctor of Philosophy“ nach, sagte Bongane Morris Mzinyane, den Titel, den sie anstreben. „Philosophie bedeutet die Erlangung von Wissen. Genau das ist unser Besuch hier in Dortmund. Wir sind Studierende auf Lebenszeit. Das Lernen ist endlos, besonders in einer derart bunten Welt. Wir dürfen nie aufhören, voneinander zu lernen.“

Was würden sie Kolleg*innen empfehlen, die über eine Reise nach Deutschland nachdenken? Tapiwanashe Gladys Simango antwortete mit Nachdruck: „My advice: Pack your bag and make sure you go there. Education is more than knowlegde. Ich habe mir eine App zum Deutschlernen runtergeladen. Hat nicht funktioniert. Funktioniert hat hier zu sein und alles selbst zu erleben.“

Ausblick

Im April reisen sechs angehende Doktorand*innen nach Südafrika an die UKZN, um dort gemeinsam zu forschen, zu lernen und die Vernetzung weiter aufzubauen.

Von der FH Dortmund fliegt Clarissa Jede mit. Der Aufenthalt ist für einen kompletten Monat vorbereitet und konzipiert. Innerhalb des Monats wird auch ein dreitägiges Symposium zum Thema „Forschung und Promotion“ stattfinden. 

Auch Prof. Michael Boecker und Dorothée Boecker werden im April vor Ort sei, um das bestehende Netzwerk zu bereits bestehenden NGOs zu festigen und neue Kooperationspartner zu akquirieren. Insbesondere durch Projekte der Entwicklungszusammenarbeit ist die konsequente Einbeziehung SDG-relevanter Diskurse in Lehre, Forschung und Gesellschaft stärker zu verankern und sichtbar zu machen. Hierbei gilt es Akteure aus Wissenschaft, Zivilgesellschaft, Wirtschaft und Politik konsequent mit einzubeziehen.

Der nächste Kongress innerhalb des DAAD-Programms findet vom 10. bis 18. Oktober 2024 in Harare in Simbabwe statt. Wiederum stehen die Sustainable Development Goals der United Nations im Mittelpunkt der wissenschaftlichen Diskussion. Dieser Kongress ist auch deshalb von großer Bedeutung, da er in Kooperation mit dem ICSD Africa Branch (International Consortium for Social Development) organisiert wird und damit hervorragende Möglichkeiten bietet, das bestehende Netzwerk um weitere Kooperationspartner aus dem Globalen Süden zu bereichern.

Bis 2026 sind weitere Begegnungen mit einer Dauer von 5 bis 30 Tagen in Durban, Johannesburg, Harare und Dortmund an der UKZN, UJ, MSU und der FH Dortmund geplant.

Hinweis für Studierende bzw. Promovierende: Wer sich angesprochen fühlt und gerne entweder im Oktober nach Simbabwe oder bei einer der weiteren Begegnungen teilnehmen möchte, schreibt bitte ein Motivationsschreiben an die Projektkoordinatorin: dorothee.boeckerfh-dortmundde 


Das Projekt wird gefördert vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) und vom Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD). Der aktuelle Förderzeitraum begann 2023 und endet 2026.

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Bildnachweise

  • FH Dortmund
  • FH Dortmund | Michel Boße