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Soziale Arbeit

Marlin Baer über ihr Auslandssemester in den USA

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Neue Perspektive: Weiter Blick in die Berge im US-Bundesstaat Colorado

Marlin Baer ist Studentin des Bachelor-Studiengangs Soziale Arbeit (Öffnet in einem neuen Tab)  am Fachbereich Angewandte Sozialwissenschaften (Öffnet in einem neuen Tab) . Das Wintersemester 2023/24 verbringt sie in Denver, wo sie an der Metropolitan State University Denver (Öffnet in einem neuen Tab)  (MSU) im Auslandssemester ist.

In einem ausführlichen Interview schildert Marlin ihre Motivation für den Aufenthalt in Denver, ihre bei der Vorbereitung und vor Ort gemachten Erfahrungen und gibt hilfreiche Tipps für alle, die auch an ein Auslandssemester denken. Das Gespräch führte sie mit dem wissenschaftlichen Mitarbeiter und Lehrbeauftragten Michel Boße (Öffnet in einem neuen Tab) .

Michel Boße: Hallo Marlin und vielen Dank, dass du dir die Zeit für das Interview nimmst und die Leser*innen an deinen Erfahrungen teilhaben lässt. Stell dich gerne in ein paar Sätzen vor.

Marlin Baer: Ich bin 29 Jahre alt und befinde mich hier in Denver in meinem 6. und damit letzten Fachsemester im Bachelor Soziale Arbeit. Ich habe mich entschieden mein Studium um ein Semester zu verlängern, damit ich die Zeit hier vernünftig nutzen aber auch genießen kann und werde meine Bachelorarbeit dann in Deutschland schreiben. Ein Thema für die Arbeit habe ich aber lustigerweise hier in Denver während eines Seminars gefunden. Ich komme aus einer Familie, die nicht akademisch geprägt ist, bin allerdings schon die zweite aus meiner Familie, die studiert. Alles selbst finanziert durch meinen vorherigen Job als Erzieherin, in dem ich neben dem Studium weiter arbeite.

Mitte August 2023 bin ich nach Denver geflogen und bleibe bis Januar 2024 hier, weil ich mich entschieden habe, dass ich die Feiertage einmal in den USA erleben möchte. Und ich würde lügen, wenn ich sage, dass ich nicht langsam Heimweh bekomme, aber die Erfahrung ist es allemal wert.

Marlin (1. von links) mit Freundinnen auf einem Herbstmarkt in Colorado

Denver ist von der Landschaft her viel weitläufiger, als ich es von zuhause gewohnt bin. Die Autos, Straßen, alles erscheint viel größer. Wahrscheinlich ist es auch so. Die “stereotypen” Pick Up-Trucks, die Highways, alles war im positiven Sinne so, wie ich es erwartet hatte.

Marlin Baer

Michel Boße: Wie würdest du deine ersten Eindrücke in den USA beschreiben?

Marlin Baer: Abgesehen von der trockenen Hitze hat mich vor allem eine wahnsinnige Gastfreundschaft begrüßt. Ich wurde zusammen mit zwei anderen Studierenden aus Dortmund am Flughafen von Hannah, einer Studentin aus Denver, abgeholt und zu unserer Wohnung gebracht. Wir kannten uns bereits, da Hannah im Sommer an einer Summer School bei uns in Dortmund teilgenommen hat. Anschließend sind wir alle gemeinsam noch was essen gegangen. Die Menschen waren dabei unfassbar entgegenkommend und nachsichtig mit uns. Trotz des langen Tages und der Zeitverschiebung von zehn Stunden brauchte ich lange bis ich schlafen konnte, da alle Eindrücke so überwältigend waren.

Denver ist von der Landschaft her viel weitläufiger, als ich es von zuhause gewohnt bin. Die Autos, Straßen, alles erscheint viel größer. Wahrscheinlich ist es auch so. Die “stereotypen” Pick Up-Trucks, die Highways, alles war im positiven Sinne so, wie ich es erwartet hatte. Ich fand dabei vor allem den Unterschied von der “Aktivität” in der Nacht zwischen Denver und meinem Wohnort in Deutschland auffällig.

Wobei ich nochmal unterscheiden muss, da ich ja nicht in Denver, sondern in Aurora, einem “Vorort” von Denver wohne. Die Wohnblocks sehen einfach eins zu eins so aus wie in den klassischen Filmen und ich habe bestimmt ungefähr zwanzig Mal “this is so american” gesagt, als ich durch Denver gefahren wurde. Das Land und die Kultur sind für mich genauso, wie ich es mir vorgestellt habe: Groß, wuselig, aber gleichzeitig unfassbar einladend und freundlich. Aber eine Sache hatte ich immer im Hinterkopf: dass die Waffengewalt hier um einiges wahrscheinlicher ist als in Deutschland. Zu meiner Annahme habe ich in den ersten Tagen bereits einige Geschichten gehört, die mich sehr beschäftigt haben.

Die typischen Pick-Ups prägen das Straßenbild von Denver und der Umgebung

Michel Boße: Mit welchen internationalen Perspektiven bist du zuvor bei uns im Studium in Berührung gekommen? Was hat dich dazu animiert, ein Auslandssemester zu machen?

Marlin Baer: Meine internationalen Perspektiven im Studium bezogen sich hauptsächlich auf internationale Kontakte zwischen Kommiliton:innen. Die verschiedenen Geschichten und Herkünfte meiner Mitstudierenden haben mich immer sehr interessiert, meinen Horizont erweitert und mir andere Sichtweisen vermittelt.

Im Sommersemester 2023 habe ich dann an der “Summer School” teilgenommen. Das ist ein Projekt im Modul K11 des Bachelor Soziale Arbeit. Die „Summer School“ fand in Brüssel statt und dort haben wir gemeinsam mit internationalen Studierenden, die u.a. aus Dortmund, Denver und Brüssel kamen, zum Thema “Transnational Families” gearbeitet. Nicht nur die Erfahrung in Brüssel zu sein, sondern vor allem die Kontakte, die dort zustande gekommen sind, waren für mich wahnsinnig bereichernd.

Abgesehen davon habe ich mich schon immer dafür begeistert, Erfahrungen im Ausland zu sammeln. Ich habe in meiner Schulzeit jede Möglichkeit für Auslandsaufenthalte wahrgenommen und war dadurch in England, Frankreich und Italien. In meiner Ausbildung zur Erzieherin habe ich dann die Chance auf ein Auslandspraktikum in Spanien bekommen und auch diese Möglichkeit genutzt. Da ich ansonsten auch in meiner Freizeit gerne reise, war für mich ein Auslandssemester immer im Hinterkopf. Allerdings wenig konkret und etwas diffus. Dazu war ich vor allem aus finanziellen Gründen an Deutschland gebunden. Als ich dann erfuhr, dass die Kooperation der MSU Denver und FH Dortmund insofern erweitert wurde, dass die Creditpoints, die während eines Aufenthalts an der MSU erworben werden, an der FH anerkannt werden können, war das für mich irgendwie ein Anstoß, dass ich diesen Schritt wagen wollte. Ich habe dann in Verbindung mit Prof. Dr. Jochem Kotthaus (Öffnet in einem neuen Tab) , der unter anderem die „Summer School“ realisiert und mit der MSU vernetzt ist, und dem International Office der FH die Vorbereitungen getroffen. Da ich recht kurzfristig in den Prozess gelangt bin und die erste Studentin war, die aus dem Fachbereich Angewandte Sozialwissenschaften nach Denver gehen wollte, waren die Vorbereitungen mit einigen Hürden versehen. Ich hatte keine Möglichkeit Geld zu sparen und war daher komplett auf externe finanzielle Hilfen angewiesen. Hierbei ergab sich das erste Problem, dass die meisten Bewerbungsverfahren schon vorbei oder in der Endphase waren. Ich hatte noch die Chance, mich auf drei Stipendien zu bewerben. Die Bewerbungsprozesse selbst waren ebenfalls schwierig, da die erforderlichen Unterlagen nicht so schnell zu besorgen waren. Unter anderem war ein Sprachnachweis notwendig.

Grundsätzlich kann ich zusammenfassen, dass alle bürokratischen Dinge machbar sind. Allerdings braucht es zum Teil viel Zeit, kostet Einiges und es gibt zahlreiche Hürden, die zu erklimmen sind.

Marlin Baer

Michel Boße: Das ist interessant für alle, die auch an ein Auslandssemester denken. Kannst du uns daher im Detail beschreiben, wie der Verfahrensweg war? Welche Hürden musstest du dabei überspringen?

Marlin Baer: Wie bereits erwähnt war die kurzfristige Zusage zum Auslandssemester mit einigen zusätzlichen Hürden verbunden. Ich habe nicht das Gefühl eine realistische Einschätzung der Vorbereitung geben zu können, da meine Vorbereitungszeit sehr von finanziellen und zeitlichen Probleme geprägt war. Eine der größten Herausforderungen war dabei die Auslandsversicherung bzw. eine Einigung diesbezüglich mit der MSU. Ich habe in Deutschland eine Versicherung für die USA abgeschlossen, welche allerdings von der MSU Denver nicht anerkannt wurde. Begründet ist das darin, dass die MSU nur amerikanische Versicherungsunternehmen bzw. Versicherungsunternehmen mit amerikanischer Telefonnummer akzeptiert.

Aufgrund des guten Netzwerkes, welches vor allem durch die regelmäßig stattfindende „Summer School“ und „Fall School“ entstanden ist, hatte ich das große Glück, schnell Kontakte zu Studierenden in Denver aufnehmen zu können. Hierüber bin ich dann mit der bereits erwähnten Hannah in Kontakt gekommen. Hannah studiert in einem Master-Studiengang an der MSU und hat mir direkt angeboten, ihre Eltern zu fragen, ob ich die Zeit bei ihnen im Haus verbringen könnte. Nach nicht mal einer Woche war alles besprochen und ich hatte eine Unterkunft und eine Gastfamilie. Ich muss allerdings sagen, dass ich in dieser Situation sehr privilegiert war. Meine Gasteltern wollten lediglich einen monatlichen Zuschuss zu den Lebenshaltungskosten und ich muss keine Miete in dem Sinne zahlen. Das sah bei den beiden anderen Studierenden der FH ganz anders aus. Beide zahlen um die $ 1.000 Miete pro Monat für ein Zimmer, zusätzlich zu Lebensmitteln etc. Einer von beiden ist sogar betrogen worden und hat dadurch 1.500 € verloren, ohne überhaupt eine Bleibe zu haben. Er konnte dann zum Glück bei meiner Gastfamilie unterkommen, bis er eine Wohnung gefunden hat. Man sieht: Es ist nicht ganz einfach eine finanzierbare Bleibe hier zu finden und v.a. hat man aufgrund der Distanz und fehlendem persönlichen Kontakt immer die Gefahr, einem Betrug aufzusitzen. Auch das sollte man im Hinterkopf haben, wenn man einen Auslandsaufenthalt plant. Es kann eben auch schief gehen.

Grundsätzlich kann ich zusammenfassen, dass alle bürokratischen Dinge machbar sind. Allerdings braucht es zum Teil viel Zeit, kostet Einiges und es gibt zahlreiche Hürden, die zu erklimmen sind.

Michel Boße: Du hast das Thema Geld bereits angesprochen. Wie finanzierst du das Ganze nun insgesamt?

Marlin Baer: Dadurch, dass ich bei Hannah und ihrer Familie leben kann, reduzieren sich meine monatlichen Kosten glücklicherweise deutlich. Der Plan war ursprünglich, dass ich hier nebenbei arbeite, um den Lebensunterhalt in den USA sowie die laufenden Kosten in Deutschland (Wohnung, Krankenversicherung, etc.) finanzieren zu können. Arbeiten in den USA mit Visum gestaltet sich allerdings als nicht so einfach wie erhofft. Es gibt klare Regeln, was und wie man arbeiten darf. Ich darf z.B. nur auf dem Campus und in einem Bereich arbeiten, der meinem Studiengang (sprich Soziale Arbeit) entspricht. Außerdem darf ich nur eine halbe Stelle annehmen (max. 20 Stunden pro Woche). Ein Einkommen ist dabei auch formal relevant: bevor ich überhaupt mein Visum bekommen konnte, musste ich nachweisen, dass ich über $ 9.500 verfüge, um den Aufenthalt hier zu finanzieren. Ich habe glücklicherweise einen familiären „Sponsor“, der mir im Fall der Fälle dieses Geld zur Verfügung stellen könnte. Ich möchte aber ungern darauf zurückgreifen, da ich es ohnehin zurückzahlen müsste. Daher hatte ich gehofft, hier einen Job zu finden und dadurch finanziell unabhängiger zu werden. Die Jobsituation auf dem Campus ist für mich allerdings nicht die Beste. Viele Jobs erfordern bestimmte Anforderungen (z.B. einen Bachelor-Abschluss), sind in Vollzeit und die Einstellung dauert um die vier Wochen. Man muss außerdem eine Sozialversicherungsnummer beantragen, was auch wieder Zeit in Anspruch nimmt. Trotz Bemühungen und guten Kontakten konnte ich noch keinen Job auf dem Campus finden und finanziere ich mich von meinem Ersparten, welches ich in Dank meines Jobs in Deutschland vor dem Auslandssemester gespart habe. Ich habe dabei aber auch wirklich das große Glück, dass meine „Miete“ wie beschrieben hier sehr gering ist und ich daher meine Ausgaben gut regulieren kann.

Marlin auf dem MSU Campus

Etwas, das ganz anders ist als bei den meisten Kursen in Deutschland, ist die persönliche Ebene zwischen Studierenden und Lehrenden. Grundsätzlich gibt es sprachlich erstmal kein „Sie“, dazu bieten die meisten Professor:innen auch an, dass man sie beim Vornamen nennt. Trotzdem sind alle Studierenden, die ich bisher kennengelernt habe, super respektvoll und sehen die Professor:innen als Respektpersonen an.

Marlin Baer

Michel Boße: Wie bist du an der MSU empfangen worden? Wie gestaltet sich dein Studium dort?

Marlin Baer: Ich habe bereits vor meiner Ankunft Kontakt mit dem International Office der MSU gehabt und wurde von der Mitarbeiterin auch innerhalb der ersten Woche persönlich begrüßt. Mit der sehr netten und kompetenten Kollegin bin ich seitdem regelmäßig in Kontakt. Außerdem veranstaltet das International Office immer wieder Treffen oder andere Events für die internationalen Studierenden. Ich habe unter anderem an einem Lunch teilgenommen, an dem wir nicht nur andere Studierende sondern auch weitere Mitarbeiter:innen kennenlernen durften, die an dem ganzen Prozess der internationalen Studierenden beteiligt sind.

Ich habe zu Beginn vier Seminare belegt: einen Grundlagenkurs, da ich die Grundlagenlehre hier mit der in Deutschland vergleichen wollte, einen Kurs über Forschungsmethoden, einen Kurs über die Umsetzung theoretischer Ansätze in der Praxis und einen Kurs, der sich mit Methoden beschäftigt, die aktive Veränderungen in der Gesellschaft erreichen können. Recht schnell habe ich allerdings bemerkt, dass das Pensum ziemlich hoch ist (v.a. das Lesen des Materials) und habe dann – in Absprache mit der FH – einen Kurs verlassen.

In den Kursen wurde ich wirklich herzlich empfangen. Viele Studierende wussten schon, dass ich als deutsche Austauschstudentin komme, und haben sich gefreut, dass ich eine weitere Sichteweise einbringen kann. Die Professor:innen der Kurse sind unfassbar gut, die Arbeit im Unterricht ist entspannt, zielgerichtet und anspruchsvoll. Die Professor:innen sind freundlich, zugänglich und hilfsbereit. Ich habe vor allem das Gefühl, dass viel Rücksicht auf meine Situation genommen wird. Trotz mancher Sprachbarriere (im professionellen Kontext) oder Fehler in Aufgaben (z.B. fehlender Fokus auf ein bestimmtes Thema) wurde immer freundlich und nachsichtig reagiert. Ich hatte jedoch nicht das Gefühl, dass das aus Mitleid geschah, sondern, weil die Professor:innen wirklich daran interessiert sind, dass ich dem Unterricht folgen kann.

Etwas, das ganz anders ist als bei den meisten Kursen in Deutschland, ist die persönliche Ebene zwischen Studierenden und Lehrenden. Grundsätzlich gibt es sprachlich erstmal kein „Sie“, dazu bieten die meisten Professor:innen auch an, dass man sie beim Vornamen nennt. Trotzdem sind alle Studierenden, die ich bisher kennengelernt habe, super respektvoll und sehen die Professor:innen als Respektpersonen an. In Deutschland habe ich öfter das Gefühl, dass eine größere Hierarchie zwischen Dozent:innen und Studierenden herrscht. Auch dadurch, dass bereits die Sprache diese Hierarchie hervorruft. Ich finde die professionell-freundschaftliche Beziehung zwischen Lehrenden und Studierenden an der MSU Denver deutlich angenehmer. Es schafft eine entspannte aber respektvolle Arbeitsatmosphäre und eine positive Fehlerkultur auf beiden Seiten.

Die Zeit neben dem Studium hier ist ein toller Mix aus „Sightseeing“, großen Ausflügen, vielen Eindrücken und einer entspannten Zeit mit Freunden.

Marlin Baer

Michel Boße: Kannst du schon jetzt ein erstes Fazit zu deinem Auslandsemester ziehen?

Marlin Baer: Ich bin inzwischen schon vier Monate hier und kann nur sagen, dass die Zeit wahnsinnig schnell vergeht. Nicht nur, dass ich im Kontext des Studiums ziemlich eingespannt bin, ich habe auch in den Freizeitaktivitäten super viel erlebt. Wir waren schon in verschiedenen Nationalparks, in den Bergen campen, in einem Fluss mit Gummireifen schwimmen, auf einem Kürbis-Festival oder bei einem Autorennen. Dazu haben wir Halloween landestypisch intensiv zelebriert und Thanksgiving mit meiner Gastfamilie gefeiert. Ich versuche so viel wie möglich mitzumachen und meine Freunde hier helfen mir dabei, das umzusetzen. Die Weihnachtstage werde ich vor allem mit einer weiteren Freundin verbringen. Außerdem war schon eine Freundin aus Deutschland zu Besuch, die für zwei Wochen bei meinen beiden Freundinnen übernachtet hat. Natürlich freue ich mich auf diese ganzen Highlights, die Feiertage und darauf, wie Denver dabei aussehen wird. Ich freue mich aber auch auf Ski fahren, heiße Quellen, Spieleabende und auf alles was noch kommt.

Die Zeit neben dem Studium ist hier bisher ein toller Mix aus „Sightseeing“, großen Ausflügen, vielen Eindrücken und einer entspannten Zeit mit Freunden. Meine Freunde hier sind tatsächlich vor allem die Personen, die ich schon während der „Summer School“ in Brüssel kennengelernt habe.

Michel Boße: Abschließend berichte uns doch gerne aus deiner Perspektive, was für andere Studierende, die ebenfalls an ein Auslandssemester denken, wichtig sein könnte. 

Marlin Baer: Ich kann echt allen Menschen raten, eine solche Erfahrung in Erwägung zu ziehen. Ja, es ist ein großer Schritt. Man wird finanziell gefordert, muss viel planen und ist weit von zu Hause weg. Es ist auch eine lange Zeit, die emotional fordernd sein kann. Aber die Erfahrung mit dem ganzen aufregenden Neuen und der Zeit mit Freunden machen es allemal wieder gut. Man sollte sich darauf einstellen, dass das Studium hier anders aufgebaut ist und man über das Semester hinweg immer wieder Aufgaben abgeben muss, die ziemlich zeitintensiv sind. Das heißt, man braucht eine gute Organisation oder zumindest ein gutes Netzwerk. Und wo ich gerade von Netzwerk spreche: Baut euch eins auf! Sprecht mit Mitstudierenden, geht raus, bildet Freundschaften. Meine Zeit hier ist so viel wertvoller, weil ich mein soziales Netzwerk habe. Dadurch habe ich nicht nur die Möglichkeit Dinge „wirklich amerikanisch“ zu erleben (ja, jede Wasserflasche hier muss einen Sticker tragen, das ist der Denver-Style!), sondern auch Zeit mit Freunden zu verbringen.

Michel Boße: Marlin, vielen Dank für deine Zeit und die persönlichen und spannenden Einblicke in dein Auslandssemester. Genieße die Restzeit und die Weihnachtstage!

Natur in Colorado

Abschließende Tipps und Eindrücke

  • Denver ist trocken! Ich kann das gar nicht oft genug sagen. Die ersten Tage waren grausam, weil ich nur am Wasser trinken war und trotzdem immer einen trockenen Mund, trockene Lippen und Durst hatte. Auch der Höhenunterschied macht sich in den ersten Tagen bemerkbar. Ich war kurzatmiger und brauchte ein paar Tage, bis ich mich daran gewöhnt hatte.
  • Denver ist viel sauberer, als ich es von einer amerikanischen Stadt erwartet hätte. Man sieht keine Graffiti, kaum Müll. Dafür sind aber fast alle Autos kaputt. Apropos Autos: die Fahrweise hier in Colorado ist deutlich aggressiver als in Deutschland (zumindest meiner Meinung nach). Wenn ich fahre, bin ich superaufmerksam, weil die Leute einfach die Spur wechseln, ohne das anzukündigen und extrem spät reinziehen. Ich habe in meiner Zeit hier schon einige Unfälle gesehen. Die Leute fahren z.B. auch einfach mit kaputten Windschutzscheiben rum.
  • Man sieht definitiv mehr Obdachlose und Drogenabhängige auf den Straßen! Soziale Ungleichheit ist hier massiv zu beobachten. Das ist echt ein ungewöhnlicher und harter Eindruck für mich, da ich es so massiv aus Deutschland nicht gewöhnt bin.
  • Die Universität hat absolut keinen Dresscode. Die Leute fahren auf Skateboards rum wie in den Filmen und der Campus hat mehrere Cafés oder Restaurants der bekannten Gastronomieunternehmen. Und ja, essen im Unterricht ist erlaubt. Nein, ich habe noch niemanden grillen sehen!
  • Manche Wörter bedeuten im deutschen Kontext etwas anderes als im amerikanischen ODER man hat das britische Wort gelernt, welches hier nicht genutzt wird. Das kann zu (lustigen) Missverständnissen führen.
  • Klimaanlagen! Die sind überall und immer an. Das bedeutet für mich: Immer einen Pullover mitnehmen.
  • Das metrische System ist hier nonexistent. Keiner weiß, wieviel 5 Meter sind und ich weiß immer noch nicht, wieviel 60° F in Celsius sind.
  • Wohl wissend, dass ich mich in der „Sozialen Arbeit Bubble“ befinde: Die Menschen, mit denen ich es zu tun habe, sind unfassbar nett. Ich habe bisher nur positive Erfahrungen gemacht, viel Entgegenkommen erfahren und offene Menschen kennengelernt.
  • Die Natur ist unfassbar schön: die Berge über den weitläufigen Wäldern, die Wälder im Herbst, wenn sich die Farbe der Blätter ändert oder Garden of Gods, ein riesiger Park/Garten mit wunderschönen Steinformationen.
  • Die Tierwelt ist hier sehr interessant. Ich habe zum ersten Mal einen Kolibri gesehen, ebenso Präriehunde, Bisons, Streifenhörnchen und auch eine Klapperschlange.
  • Wenn man hier Auto fahren möchte, empfiehlt es sich, sich vorher einen internationalen Führerschein zu holen, da der für die Versicherung benötigt wird. Hier ein Auto zu kaufen ist allerdings – aufgrund der Steuern – sehr teuer. Ich habe das Glück einen Wagen meiner Gastfamilie nutzen zu können.

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