Ab dem 10. März 2021 müssen Finanzdienstleister und Vermittlerbüros Nachhaltigkeitskriterien berücksichtigen, wenn sie zu bestimmten Anlagen oder Versicherungsprodukten beraten. So will es die neue EU-Transparenzverordnung. Für Kund*innen, denen nachhaltige Investments wichtig sind, ein Meilenstein. Für die Versicherungswirtschaft eine Herausforderung. Gemeinsam mit dem Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute e.V. (Öffnet in einem neuen Tab) hat die Fachhochschule Dortmund eine Checkliste erarbeitet.
Lebens- und Rentenversicherungen investieren das Geld ihrer Kund*innen, um künftige Auszahlung durch Renditen zu steigern. Doch wie nachhaltig sind die Investments? Ist die Rente mit Kohlestrom oder Waffenhandel erkauft? Oder wird etwa in Grüne Energien investiert? „Es gibt eine wachsende Zahl an Kund*innen, die sehr an Nachhaltigkeit interessiert sind“, sagt Prof. Dr. Matthias Beenken, (Öffnet in einem neuen Tab) Experte für Versicherungswirtschaft an der FH Dortmund. Darum sei es richtig, besser über die Nachhaltigkeit einer Anlage zu informieren. Das helfe nicht nur dieser interessierten Klientel. „Wenn Produktinformationen entsprechend erweitert werden, kann dies auch ein erster Schritt sein, sich mit dem Thema zu befassen und sich hierzu beraten zu lassen“, so Prof. Beenken.
Prof. Dr. Beenken fordert klare Kriterien für Nachhaltigkeit
Für eine kundenorientierte Aufklärung fehle es aber noch an klaren Kriterien für Nachhaltigkeit, mahnt der Wirtschaftswissenschaftler. „Erst seit wenigen Tagen liegt ein Entwurf der Technischen Regulierungsstandards vor, nach denen ein Versicherungs- oder Investmentunternehmen die Nachhaltigkeit berechnen soll. Das ist bis jetzt nur ein Entwurf“, sagt Matthias Beenken. Wenn die Regeln endgültig feststünden, müssten Versicherungs- und Anlagegesellschaften die entsprechenden Informationen beschaffen, auswerten und verständlich aufbereiten. „Das wird Zeit brauchen“, zeigt sich der Wissenschaftler überzeugt. „Am Ende sollen Kund*innen das Ganze auch noch verstehen können.“
Einfaches Frage-Antwort-Schema
Um die Versicherungsbranche auf die Transparenzverordnung möglichst gut vorzubereiten, hat Prof. Dr. Matthias Beenken zusammen mit dem Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute und Allianz-Rechtsanwalt Dr. Andre Kempf eine Checkliste entwickelt. Sie hilft ihnen durch ein einfaches Frage-Antwort-Schema zu verstehen, ob sie von der Verordnung betroffen sind und welche Änderungen sie vornehmen müssen, etwa auf ihrer Website, bei vorvertraglichen Informationen sowie bei Marketingmitteilungen. Denn: Wer künftig mit Nachhaltigkeit wirbt, aber keine nachhaltigen Produkte anbietet, kann wegen eines Wettbewerbsverstoßes zur Rechenschaft gezogen werden.
Die Praxishilfe zur Transparenzverordnung soll fortlaufend angepasst werden, zum Beispiel wenn die Europäische Versicherungsvertriebsrichtlinie angepasst und um explizite Beratungspflichten zum Thema Nachhaltigkeit ergänzt wird. „Damit möchten wir als FH Dortmund dem Anspruch gerecht werden, einen lebendigen Praxistransfer zu leisten. Wir wollen insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen unterstützen, die sich keine eigenen Rechtsabteilungen leisten können“, so Prof. Beenken.