Gehört der Islam zu Deutschland?
Die Frage „Gehört der Islam zu Deutschland?“ bietet in regelmäßigen Abständen immer wieder Anlass zu politischen Debatten. Übergreifendes Thema war sie in einer dreiteiligen Vortragsreihe von Oktober bis Dezember 2018 im Fachbereich Angewandte Sozialwissenschaften.
Initiator und Dekan Prof. Dr. Ahmet Toprak, der bei allen Terminen die Moderation übernimmt, konnte prominente Referent*innen gewinnen: Bundespräsident a.D. Christian Wulff war bereits am 29. Oktober zu Gast, am 12. November die NRW-Staatssekretärin für Integration, Serap Güler. Am 6. Dezember folgte die Rechtsanwältin und Imamin Seyran Ates.
„Gesellschaftlicher Zusammenhalt in Vielfalt und Respekt – Über Offenheit und Haltung“

„Der Islam gehört inzwischen auch zu Deutschland“, hatte Christian Wulff am 3. Oktober 2010 in seiner Rede zum 20. Jahrestag der Deutschen Einheit formuliert. „Und ich stehe voll zu diesem Satz“, sagte der ehemalige Bundespräsident bei seinem Besuch an der Fachhochschule. Ihm sei damals klar gewesen: „Der Satz wird provozieren und eine große Debatte anstoßen.“ Er habe auf einen Prozess wachsender Zustimmung gesetzt, dann aber feststellen müssen, „dass die Debatte schwieriger läuft als erwartet“, räumte Wulff ein.
Bereitschaft zur Integration
Er hob hervor, in derselben Rede darauf hingewiesen zu haben, dass auch Muslime das in Deutschland geltende Recht anerkennen müssten, etwa bezogen auf die Gleichberechtigung von Mann und Frau. „Integration gelingt nur, wenn es die Bereitschaft dazu auf beiden Seiten gibt“, mahnte Wulff und plädierte dafür, noch mehr Möglichkeiten für gegenseitigen Austausch und Kennenlernen zu schaffen. Zugleich warb er für eine liberale Gesellschaft: „Vielfalt ist anstrengend, aber die Alternative ist Einfalt.“
„Das Kopftuch unter 14 Jahren muss verboten werden!“

Staatssekretärin Serap Güler plädierte für ein Verbot des Kopftuches für Mädchen in Kindertageseinrichtungen und Schulen. Einem jungen Mädchen den Stoff überzuziehen sei keine Religionsausübung, sondern pure Perversion. Denn dies sexualisiere das Kind, so die Argumentation von Güler.
„Das Kopftuch hat an Kindern nichts zu suchen.“ Das war die Kernbotschaft von Ulfat, Journalistin und Doktorandin an der Universität Duisburg-Essen. Sie plädierte aber für die Stärkung der elterlichen Kompetenzen, um Kinder positiv zu beeinflussen. Der Staat habe sich aus den Erziehungsfragen nach Möglichkeit herauszuhalten. Ein Kopftuchverbot würde die Probleme nur verschleiern. Das Fach- und Streitgespräch wurde eröffnet mit Grußworten von Stadtdirektor Jörg Stüdemann.
„Der Islam lässt sich mit der Moderne vereinbaren!“

Im Juni 2017 hat Seyran Ates – Rechtsanwältin, Imamin, Frauenrechtlerin – in Berlin eine Moschee gegründet, in der Männer und Frauen nebeneinander und gleichberechtigt beten können. Die Frauen dürfen auch mit offenem Haar beten und auch das Gebet leiten – für die konservative Auslegung zu viele moderne Einflüsse. Seitdem wird Ates angefeindet, erhält Morddrohungen und steht unter Polizeischutz.
An der FH stellte Seyran Ates die Entwicklung der neuen Moschee vor. Sie plädierte für eine differenzierte Betrachtung des Islams und kritisierte Versäumnisse in der Bildungsarbeit. „Wir brauchen mehr Religionsunterricht für alle in den Schulen“, forderte sie. Dabei solle es um die Vermittlung von Kenntnissen über alle Religionen gehen sowie das Recht, nicht glauben zu müssen. Denn auch das sei Teil der Religionsfreiheit.